Im Rahmen des umfangreichen und weit verbreiteten Gesamtwerks des Göttinger Aufklärungstheologen und Universitätspredigers Gottfried Leß (1736-1797) nehmen die "Sontags-Evangelia" eine besondere Stellung ein. Ihr Verfasser, der zunehmend wiederentdeckt und mittlerweile zu den "namhaftesten Neologen" (A. Beutel) gezählt wird, legt in dieser nun erstmals in kritischer Edition vorliegenden Sammlung in musterhafter und an die Predigtpostille des 16. und 17. Jahrhunderts erinnernder Art und Weise die im Rahmen der geltenden Perikopenordnung für den Sonntag vorgesehenen Evangelientexte aus. Dadurch vermitteln die "Sontags-Evangelia" einen repräsentativen Eindruck von der zeittypischen, auf Besserung und Erbauung zielenden Entfaltung bedeutender Stücke des Neuen Testaments und bieten aufgrund der immer wieder festzustellenden Querverbindungen zu Leß' Hauptschriften einen reizvollen Einstieg in ein profiliertes, aber noch immer nicht ausreichend gewürdigtes theologisches System der Aufklärungszeit.