Bei seinem ersten Erscheinen 1939/40 markierte das Hauptwerk „Die Reformation in Deutschland“ des katholischen Kirchenhistorikers Joseph Lortz (1887-1975) einen Wendepunkt der katholischen Reformationsgeschichtsschreibung. Der Versuch, eine grundsätzlich positive Würdigung Luthers und ein gerechtes Verständnis der Reformation mit der dogmatischen „Korrektheit“ des katholischen Standpunkts zu vermitteln, entfachte eine außergewöhnliche Diskussion in beiden Konfessionen. Für die Öffentlichkeit nicht erkennbar waren hingegen sowohl die verwickelte Entstehungsgeschichte, die dem Werk vorausging, als auch die Zwänge der höheren (Kirchen-)Politik, die das Werk bis zum Vorabend des Zweiten Vatikanischen Konzils begleiteten.

Anhand der archivalischen Überlieferung – unter anderem mit Hilfe des Nachlasses von Lortz – wird die spannende Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte der „Reformation in Deutschland“ von der ersten Auflage in der Zeit des Nationalsozialismus, über die grundlegend veränderten Bedingungen der Nachkriegszeit, bis zur vierten Auflage von 1962 rekonstruiert. Es eröffnen sich entlarvende Einblicke in das zähe Ringen von Autor und Verlag Herder mit der kirchlichen Zensur um ein Werk, das inmitten aller konfessionellen, weltanschaulichen und politischen Kontroversen zu einem fruchtbaren „Gespräch zwischen den Konfessionen“ beitragen wollte.