Ausgehend von einer Geschichte der Ereignisproduktion (histoire de l’événement) erforscht Stefan Hanß in einer quellenreichen Studie den Beitrag frühneuzeitlicher materieller Kultur zur Produktion von Geschichte. Am Beispiel der Seeschlacht von Lepanto (1571) wird dargelegt, wie historische Akteure im Rückgriff auf Aspekte eines historischen Ereignisses ein Paradigma formten, das für binäre Weltkonstruktionen herangezogen wurde und wird. Die Monografie beleuchtet die Produktion, Zirkulation und Rezeption von Texten ebenso wie den Gebrauch osmanischer Beutestücke und ligistischer Gegenstände, die zugehörigen Bild-, Imaginations- und Klangwelten sowie Münzen und Medaillen zur Seeschlacht. Am Beispiel der während des Ereignisses versklavten Muslime und ‚befreiten‘ Christen werden etwa die Kommodifizierungslogiken von Lepanto aufgezeigt. Die Erforschung der Heroenkulte und Wunderdiskurse wiederum legt die Problematik der nationalen und religiösen Vereinnahmungen Lepantos dar. Hanß eröffnet in beeindruckendem Detailreichtum und auf hohem methodischen Reflexionsniveau den Blick darauf, wie zeitgenössische Reaktionen auf Umgangsweisen mit Materialität und Medialität die (Re-)Produktion von Geschichte(n) prägten. Die Verdinglichung Lepantos, so ist zu schlussfolgern, ging dabei mit Selbst- und Fremdverortungen durch Dinge einher: Insofern über Materialität und Medialität Zeugenschaft als Interpretationsanspruch auf Geschichte(n) beansprucht und durchgesetzt wurde, dient(e) die Ereignisproduktion Lepantos vor allem der Postulierung von Gruppenzugehörigkeiten. Als ein Ereignis der Teilhabe stellte Lepanto demnach kein Ereignis dar, das Kulturen trennte, sondern vielmehr eines, das Menschen verband.