»Die Geburt der Trauer« zeichnet Hegels Reaktion auf den Terror der Französischen Revolution und ihre strukturbildende Kraft für sein Denken nach.

Wie viele seiner Zeitgenossen war Hegel beeindruckt von der scheinbaren Parallele zwischen der politischen Revolution in Frankreich und den Umbrüchen in der deutschen Philosophie, die durch die protestantische Reformation eingeleitet und durch den deutschen Idealismus zu einem Höhepunkt gebracht wurden. Zahlreiche Denker argumentierten, dass eine politische Revolution in Deutschland überflüssig sei, weil diese intellektuelle »Revolution« sie vorweggenommen habe. Auch Hegels Überlegungen gehen in eine ähnliche Richtung, doch sie bieten zugleich eine überzeugende Analyse des Prozesses, in dem solche Geschichten hervorgebracht und übernommen werden. Das macht ihn unter seinen Zeitgenossen einzigartig: Er zeigt, wie eine Phantasie zugleich dekonstruiert und doch genossen werden kann.
Rebecca Comay bietet eine neue Lesart von Hegel im Lichte zeitgenössischer Theorien historischer Traumata. Anders als bei Joachim Ritter oder Jürgen Habermas erscheint Hegels Denken hier nicht als souverän und aus der Distanz über die geschichtlichen Ereignisse in Frankreich urteilend, sondern umgekehrt die Revolution als strukturbildend für sein Denken. Das Buch untersucht, wie traumatische historische Ereignisse indirekt erlebt werden und welcher Phantasien wir uns bedienen, um ihnen Bedeutung zu verleihen. Comay verbindet Hegel so mit den dringlichsten gegenwärtigen Diskussionen um Katastrophe, Revolution, Zeugenschaft und Erinnerung.