Das Argument der Gesetzesumgehung hat im unvollständig kodifizierten Arbeitsrecht traditionell große Bedeutung. Im Vergleich zu anderen obersten Gerichten geht das BAG methodisch eigene Wege. 1960 entwickelte es die Figur der objektiven Gesetzesumgehung, die jahrzehntelang als Grundlage der Rechtsfortbildung diente. In neueren Entscheidungen betrachtet das BAG die Gesetzesumgehung als Fall des individuellen oder institutionellen Rechtsmissbrauchs. Tanja Rudnik untersucht, inwieweit diese Rechtsprechung mit anerkannten Methoden der Auslegung und Rechtsfortbildung vereinbar ist und ob arbeitsrechtliche Besonderheiten eine abweichende Methodik rechtfertigen. Obwohl das BAG seine Entscheidungen zur objektiven Gesetzesumgehung allein anhand von Wertungen begründet, entsprechen sie im Ergebnis meist der Methodenlehre. In Entscheidungen zur »rechtsmissbräuchlichen Umgehung« entfernt sich das BAG dagegen unnötig weit vom Gesetz. Methodisch vorzugswürdige Lösungen werden aufgezeigt.