Die Bereitschaft zu verzeihen genießt in allen Kulturen einen guten Ruf. Wir bewundern Menschen, die dazu fähig sind, denn jeder weiß, wie schwer es sein kann, seinen Groll zu überwinden und zu verzeihen. Von Psychologen wird das Verzeihen als Heilmittel für seelische Wunden gepriesen und religiöse Menschen betrachten es als Ausdruck von Nächstenliebe. Doch ist es wirklich immer richtig, anderen eine zweite Chance zu geben? Oder sollten wir in Sachen Verzeihen lieber vorsichtig sein? Haben wir manchmal vielleicht sogar die Pflicht, hart zu bleiben – um uns selbst zu schützen, für Gerechtigkeit zu sorgen oder unsere Selbstachtung zu wahren? Und was ist, wenn jemand keinerlei Reue zeigt oder seine zweite Chance vertut?
Die Philosophieprofessorin Susanne Boshammer untersucht auf anschauliche und anregende Weise, was es bedeutet, jemandem zu vergeben, und diskutiert die Gründe für und wider das Verzeihen. Sie macht deutlich, dass Vergebung nicht heißen muss, dass alle Beteiligten wieder Freunde werden, und warum Verzeihen nicht bedeutet, dass wir vergessen, was geschehen ist. Es geht ihr auch darum, welche Rolle die Bitte um Verzeihung im Prozess der Vergebung spielt, und was bei allen berechtigten Bedenken zugunsten des Verzeihens spricht: Vergebung ist eine einzigartige menschliche Fähigkeit und ein machtvoller Ausdruck unserer Humanität.