Hans-Jürgen Bömelburg erzählt erstmals die Geschichte von Lodz, der zweitgrößten polnischen Stadt des 19./20. Jahrhunderts, aus multikultureller und vielsprachiger Perspektive. Die Stadt ist historisch durch die Textilindustrie geprägt. Ihr Aufstieg war die Leistung von deutschen, jüdischen, polnischen und russischen Wirtschaftsbürgern und oft in prekären Verhältnissen lebenden, vor allem weiblichen Arbeitskräften in den Fabriken. Diese kosmopolitische Bevölkerung bestimmte das Gesicht von Lodz als einer „Stadt der vier Kulturen“. Das Buch zeigt aber auch, wie die Einwohnerschaft in den 1930er Jahren in nationale Gruppen aufgespalten wurde und wie sie während des 2. Weltkriegs als deutsch besetztes „Litzmannstadt“ von innen zerstört wurde. Vertreibung und Diskriminierung nach 1945 zerstörten multikulturelle Restbestände. Im kommunistischen Polen besaß die Textilindustrie keine Lobby und ging auch in Lodz in den 1990er Jahren unter.