Kunstgeschichte war bis ins 18. Jahrhundert Künstlergeschichte. Schon seit Homer verknüpfte die Antike bedeutende künstlerische Leistungen mit dem Namen ihrer Urheber. Aus deren Lebensdaten ergab sich auch die Chronologie der Entwicklung, etwa von künstlerischen Techniken. Diese traditionelle, noch für Autoren der Renaissance wie Vasari gültige Künstlergeschichte ersetzte Winckelmann durch eine Geschichte der Kunst, die auf der Beobachtung von Stilformen und deren Veränderung beruhte. Innerhalb des neuen Systems diente die Künstlergeschichte nur noch dazu, Phasen formaler Entwicklung chronologisch zu fixieren. Da Winckelmann das künstlerische Schaffen zudem in enger Abhängigkeit von seinen "äußeren", den historischen Umständen sah, verloren die Künstler auch ihre Rolle als letztlich unabhängige Akteure der Kunstgeschichte. In der Nachfolge Immanuel Kants, der den Künstler als Genie definiert hatte, kam es zu einer heute überwundenen Renaissance der Künstlergeschichte – auch der "Meisterforschung" der Klassischen Archäologie. Inzwischen hat sich die Forschung der Position Winckelmanns wieder angenähert.