Meister Eckhart (etwa 1260-1327), einer der bedeutendsten Denker des Mittelalters, war lange nur als mystischer Prediger in deutscher Sprache bekannt. Erst 1880 wurden seine lateinischen Schriften wiederentdeckt. In der vorliegenden Übersetzung des Sapientiakommentars erscheint Eckhart als Scholastiker, der den Bibeltext theologisch, vor allem aber philosophisch auslegt. Charakteristisch für die Eckhartsche Bibelexegese ist, daß der Text nicht fortlaufend erläutert wird, sondern daß einzelne Verse oder sogar nur Versteile herausgegriffen werden, zu denen Eckhart Eigenes und Ungewöhnliches zu sagen weiß, insbesondere hinsichtlich seiner Lehre von der Identität Gottes und des Seins, der Transzendentalienlehre und der Lehre von der Stufenordnung des Seienden.