Tränen stellen zweifelsohne eine besonders intensive menschliche Ausdrucksform dar. Aufgrund ihres expressiven Charakters fungieren sie in der Regel als Geste, die – unwillkürlich oder willkürlich ausgeführt – spezifische Emotionen an ein Gegenüber vermittelt. Judith Hagen setzt sich anhand historiographischer Texte mit den vielfältigen Funktionen auseinander, die Tränen in der öffentlichen Kommunikation der römischen Kaiserzeit erfuhren, und geht zugleich auf den literarischen Kontext ein, in dem sie geschildert werden. Auf diese Weise werden Tränen von und vor antiken Machthabern zum Ansatzpunkt, um die kaiserzeitliche Geschichtsschreibung unter einem emotionsgeschichtlichen Blickwinkel neu zu lesen. Hagen kann mit dieser Untersuchung zeigen: Emotionalität hatte in der historischen Wirklichkeit und in der antiken Historiographie eine hohe Bedeutung.