Wohl kaum eine Institution der römischen Republik hatte größere Macht über das Ansehen und das Schicksal von Bürgern unterschiedlichster Gesellschaftsschichten als die Gerichtshöfe des letzten vorchristlichen Jahrhunderts. Zugleich haben wenige Institutionen der Zeit mit Blick auf ihre Funktionsweise und Zielsetzung größere Forschungskontroversen ausgelöst. Das Buch rückt die Frage nach dem „Sinn“ der spätrepublikanischen ‚quaestiones‘ in den Vordergrund, indem es diesen in den kulturspezifischen Wahrnehmungsformen sucht, die das Verhalten der Akteure determinieren. Verteidiger, Ankläger und Richter werden als aufeinander bezogene und streng normierte Rollen begriffen, deren Zusammenspiel eine eminente sinnstiftende Funktion erfüllt. Die Rezeption neuerer Emotionstheorien enthüllt dabei auch die Stabilisierungsleistung der affektiven Kundgebungen und fördert das komplexe Bild eines Systems zutage, dessen normative Verankerung in den Dienst der übergeordneten Sinnmuster gestellt wird.