Die Blindleistung (Q) stellt im elektrischen Energieversorgungssystem eine wichtige Stellgröße dar. Die vom Netz selbst und den Netznutzern benötigte Blindleistung wird aktuell noch im Wesentlichen durch Großkraftwerke und einigen wenigen Kompensationsanlagen bereitgestellt. Die dezentralen Erzeugungsanlagen (DEA), welche zu überwiegenden Anteilen in den Verteilnetzen (VN) angeschlossen sind, beteiligen sich heute im Allgemeinen nicht an einer koordinierten Q-Bereitstellung für das Gesamtsystem. Die dem Übertragungsnetz (ÜN) unterlagerten VN verhalten sich heute vorwiegend passiv und weisen einen von der aktuellen Netzsituation abhängigen Q-Bedarf auf, der durch einen Q-Bezug aus den überlagerten Netzebenen gedeckt wird. Grundsätzlich sind fast alle neueren DEA aus technischer Sicht bereits in der Lage, Blindleistung bereitzustellen. Zukünftig könnten die DEA in den VN daher einen größeren Beitrag zur koordinierten Q-Bereitstellung im Gesamtsystem leisten (aktives Q-Management). Wie viel Blindleistung durch die DEA in den VN bereitgestellt werden kann, ist von einer Vielzahl von unterschiedlichen Faktoren abhängig und wurde bisher noch nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht. In dieser Arbeit wird ein im Rahmen eines Dissertationsvorhabens entwickeltes Gesamtmodell zur zeitvarianten Simulation des quasistatischen Q-Verhaltens von VN und des ÜN vorgestellt. Das entwickelte Gesamtmodell wird im Rahmen dieser Arbeit auf ein definiertes Untersuchungsgebiet (Bundesland Baden-Württemberg) angewandt. Untersucht werden sechs Szenarien für das Zieljahr 2030, die sich hinsichtlich der Einbeziehung von DEA in den einzelnen Spannungsebenen und des Q-Vermögens von DEA unterscheiden. Weiterhin werden die Veränderungen der Netzverluste und der Blindleistungs-Wirkungsgrad bei einer Q-Bereitstellung durch die DEA in den VN analysiert. Abschließend werden die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst und Handlungsempfehlungen abgeleitet.