Künste und Wissenschaften beschäftigen sich seit 1850 mit dem Problem, dass Wissen an Gewissheit verliert, wenn der Erkenntnisapparat empirisch untersucht wird.

Die Geschicke des Subjekts im langen 19. Jahrhundert sind vielgestaltig und wechselhaft. Wird es von Kant noch zur transzendentalen Voraussetzung aller Erfahrung erklärt, unterziehen die Erfahrungswissenschaften seit 1850 das ehemalige Apriori zunehmend einer empirischen Untersuchung. Wenn damit aber die Form des Wissens in Abhängigkeit von sinnesphysiologischen, kulturellen und sprachlichen Erfahrungsweisen betrachtet wird, sind die »Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis« am Ende so kontingent wie diese Prägungen selbst. Kunst und Literatur nehmen an diesem erkenntnistheoretischen Problem regen Anteil. Sie arbeiten mit an seiner Formulierung und Analyse, spielen mögliche Konsequenzen durch und reflektieren es zuweilen in seiner prinzipiellen Unlösbarkeit. Sie erproben aber auch Ausweichbewegungen und Möglichkeiten eines Arrangements, ja versuchen, ihm durch alternative Formen von »Erfahrung« und »Gewissheit« zu begegnen.
Der Band versammelt Beiträge aus Neuerer deutscher Literatur, Philosophie, Sprachwissenschaft sowie Wissenschafts- und Kunstgeschichte. Gemeinsam gehen sie den Fragen nach: Wie verhandeln Kunst und Wissenschaft das Problem der Empirisierung des Transzendentalen und wie hängt es zusammen mit der Herausbildung der ästhetischen Moderne?