Das filmtheoretische Werk des Philosophen Étienne Souriau (1892–1979) ist schmal, aber bis heute enorm einflussreich. Mit Das filmische Universum liegen erstmals sämtliche seiner Schriften zum Film auf Deutsch vor. Gerahmt werden sie durch ein Vorwort des Herausgebers Guido Kirsten sowie eine Würdigung Souriaus als Filmtheoretiker durch Christian Metz.
Als »filmisches Universum« bezeichnet Souriau die Gesamtheit der vom klassischen Kino gesetzten Handlungswelten, im Unterschied zu den Universen anderer Künste und Medien. Er versteht darunter allgemeine Eigenschaften wie die Positionierung der Zuschauenden und wiederkehrende Strukturmerkmale, die etwa Raum und Zeit, Geografie und Meteorologie betreffen. Das »filmische Universum« bezeichnet auch das Zusammenspiel verschiedener Ebenen, die Souriau mittels eines eigenen Vokabulars analytisch erfasst. Wenige filmspezifische Wortschöpfungen haben eine derartige Karriere gemacht wie seine Begriffe des »Profilmischen« und des »Diegetischen«, aus deren wechselseitiger Konstellierung sich ganze filmphilosophische Entwürfe ableiten lassen. Das Potenzial anderer Begriffe, wie etwa des »Filmophanen«, der das audio-visuell Erscheinende bezeichnet, unabhängig von profilmischen und diegetischen Zuschreibungen, harrt noch der Erschließung. Auch Souriaus komparative Methode und sein Denken in »Existenzweisen« und »Universen« sind für die Theorie und Philosophie des Films weiterhin äußerst produktiv.