Für Deutschland gilt in besonderer Weise, dass seine Tradition eines korporatistischen Sozialversicherungsstaats mit dualer Wohlfahrtspflege ohne Berücksichtigung des religiösen Faktors nicht begriffen werden kann. In einer Integration von begriffsgeschichtlichen und wissenssoziologischen Zugängen untersuchen die Verfasser dieses Bandes die Bezugnahme religiöser Akteure auf wohlfahrtsstaatliche Leitsemantiken in Deutschland seit dem Kaiserreich in ihrer konfessionsspezifischen Prägung. Analysiert werden zum einen institutionelle Semantiken (Staat, Wirtschaft, Arbeit, Armut, Familie), zum anderen Wertsemantiken (Gerechtigkeit, Solidarität, Subsidiarität, Verantwortung, Sicherheit). Die Studien zeigen, wie sich auf dem semantischen Feld der Kampf sowohl zwischen den Konfessionen als auch zwischen religiösen und säkularen Akteuren um die Welt des Sozialen abspielt. Sie eröffnen einen Blick auf die religiöse Dimension der Tiefengrammatik des deutschen Wohlfahrtsstaats.