Unlängst häuften sich Meldungen über eine sogenannte »islamische Paralleljustiz« in Deutschland. Die Arbeit untersucht das damit angesprochene Phänomen der Generierung von Subkulturen unter Migranten, die sich auch in Deutschland an ihrem traditionellen oder religiösen Recht orientieren und vor allem familien- und strafrechtliche Streitigkeiten eigenständig bzw. durch milieunahe Personen schlichten oder entscheiden lassen, während die staatliche Justiz nicht einbezogen wird. Die Autorin analysiert die bisher vorliegenden Befunde und prüft systematisch Zulässigkeit und Grenzen religiöser bzw. traditionell motivierter Streitschlichtung- und entscheidung. Nach einer Abgrenzung zu Erscheinungen religiöser Gerichtsbarkeiten in Großbritannien und Kanada und der Einordnung des Phänomens in das Konzept des Rechtspluralismus, wird der verfassungsrechtliche Schutz genuin religiös motivierter Streitschlichtung aufgezeigt. Anhand einer Analyse potentieller Gegenrechte – wie zum Beispiel dem Rechtsprechungsmonopol des Staates, der funktionstüchtigen Strafrechtspflege, des Gleichheitssatzes, der öffentlichen Ordnung, aber auch etwa dem Rechtsdienstleistungsgesetz – werden präventive und repressive Handlungsmöglichkeiten des Staates dargelegt.