Wer Apuleius’ Goldenen Esel liest, begibt sich mit dem jungen Lucius auf einen Trip durch einen bedrohlichen, dysfunktionalen Kosmos, in dem das Verderben hinter jeder Ecke lauert. Dabei vermischen sich fantastische und stereotype Geschichten mit alltäglichen, realistischen Situationen, die sich als Gesellschaftskritik verstehen lassen. Die Gewaltspirale dreht sich; die Personen wechseln, doch der Schrecken reproduziert sich, sodass wir uns – zusammen mit dem Esel – mit fortschreitender Lektüre immer dringender nach Erlösung sehnen. Diese erscheint in Isis als göttlicher Retterin, die Apuleius platonisch auflädt: Die Antwort auf die allgegenwärtige Gewalt ist die von Platon geforderte Ordnung der Seele, die einzig Gerechtigkeit und damit Unabhängigkeit von Gewalterfahrung ermöglicht.