Tobias Kahler Es ist nicht nur ein Märchen, dass Kaiser schöne Kleider tragen wollen, um das Volk zu beeindrucken und ihm zu gefallen. Von Alters her musste politisches Handeln kommuni- tiv eingekleidet, begleitet, gestützt, vermittelt werden, damit die Macht nicht all zu ‚nackt’ dastand. Die Kunst des politischen ‚Einkleidens’ ist inzwischen auch in Berlin zu einer eigenen Profession geworden. Diese ‚Mode-Industrie’ hat sich in Deutschland aus einer Szene von Medienfachleuten, PR-Managern, Kommunikationsexperten und Politikberatern herausgebildet, welche die gesamte Bandbreite der politischen Kommunikation und ins- sondere die Regierungskommunikation weit vorangebracht hat. Mehr als 30 namhafte PR- Agenturen buhlen regelmäßig auf Bundesebene um Regierungsetats – bei einzelnen A- schreibungen sind es weit über 100. Die Pressestellen der Ministerien und die Referate für Öffentlichkeitsarbeit, das Bundespresseamt mit mehr als 400 Mitarbeitern, zahlreiche E- zelberater und externe Fachleute sitzen heute mit an den Spinnrädern, um schönes Garn für passende Politik-Verpackungen zu produzieren. Das Garn besteht mal aus werblichen M- nahmen vom Kino-Spot bis zum Großflächenplakat, mal aus Events wie dem Tag der of- nen Tür der Bundesregierung oder speziellen Wordings, kreativ erdachten Claims, einer Regierungserklärung oder einer Info-Broschüre zum Thema Gesundheitsreform. Klar ist: Ohne die richtigen Kommunikationstools kann jede Regierung schnell wieder einpacken. Professionelle, moderne Kommunikation ist zu einer conditio sine qua non für erfolgreiches Regieren geworden. Entgegen noch immer verbreiteter Vorstellungen ist die Regierungskommunikation aber längst nicht mehr die Top-Down-Propaganda alter Zeiten.