Die Schulkarrieren von Kindern aus Einwandererfamilien, zumal wenn sie unter problematischen Bedingungen in den sogenannten "sozialen Brennpunkten" aufwachsen, verlaufen häufig nicht erfolgreich. Dies zu ändern und neue Möglichkeiten zur Begegnung mit der Zweitsprache Deutsch auf bildungssprachlichem Niveau aufzutun, gehört zu den aktuellen bildungspolitischen und didaktischen Herausforderungen.

In dieser Studie reagieren 11-13-jährige Kinder aus Einwandererfamilien im Kontext anspruchsvoller Poesie. Mit hermeneutischen Verfahren werden schriftliche und mündliche Reaktionen der Kinder interpretiert. Eine Videotranskription zeigt Gruppengespräche, in denen poetische Verse in einen Zusammenhang mit Bildender Kunst und Musik gestellt werden. Diese Transkription dokumentiert sinnstiftende "poetische" Dialoge, in denen Grundfragen des menschlichen Seins mit Ernst und dem "mimetischen Begehren" des Erwachsenseins erörtert werden.

Inhalt und Sprache tradierter Poesie vermitteln Kindern aus Einwandererfamilien ein "performatives" Sprachmaterial, welches dazu geeignet ist, über das Betreten poetischer Welten die Dimensionen menschlichen Befindens artikulieren zu können, die sonst ungenannt blieben. Das poetische Erleben befähigt sie dazu, individuelles Befinden im Spiegel der Poesie zu reflektieren. Dies ist eine Grundlage dafür, um sich zu einem urteilsfähigen Individuum der modernen Gesellschaft entwickeln zu können.