Die Gehirnforschung gilt heute vielen als Speerspitze des wissenschaftlichen Fortschritts. Gehirnforscher haben sich mit pädagogischen Publikationen erfolgreich zu Wort gemeldet, und sie sind aktuell als Experten für die Themen Kindheit, Entwicklung, Erziehung, Lernen und Bildung in den Medien stark gefragt. Weitreichende Thesen und verlockende Versprechungen wecken hohe Erwartungen im Hinblick auf ein sehr viel angenehmeres, wirksameres und nachhaltigeres Lehren und Lernen, welches durch das Wissen über die Funktionsprinzipien des menschlichen Gehirns ermöglicht werden könnte.
Das Buch setzt sich kritisch mit den Anregungen und Argumenten sowie mit den Vorwürfen und Forderungen auseinander, die von Seiten der Gehirnforschung in den pädagogischen Diskurs eingebracht wurden. Es beleuchtet auch die Rückseite der neurodidaktischen Optimierungsphantasien und benennt die Themen, die dabei zunehmend ausgeblendet werden. Zudem zeigt es auf, wie gegensätzlich bei genauerer Betrachtung viele der pädagogischen Folgerungen und didaktischen Forderungen sind, die mit Rekurs auf "hirnorganische Befunde" von den maßgeblichen Protagonisten vorgetragen werden.