In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der gefahrenen Kilometer auf deutschen Straßen kontinuierlich gestiegen. Das dichte Straßennetz und das hohe Verkehrsaufkommen bergen dabei Kollisionsrisiken für Menschen und Wildtiere. Parallel dazu hat sich eine große Bandbreite an Präventionsmaßnahmen entwickelt, um Wildunfälle zu reduzieren. Eine davon sind elektronische Wildwarnanlagen. Wildwarnanlagen sind technische Einrichtungen im Straßenraum, mit deren Hilfe Wildtiere weiterhin die Straßen queren können jedoch gleichzeitig die Gefahr eines Wildunfalls, durch Warnung des Straßenverkehrs und der Forderung zu einer Geschwindigkeitsreduktion, herabgesetzt wird. Dabei wird zwischen den zwei Anlagentypen dynamisch und statisch unterschieden. Dynamische Anlagen detektieren Wildtierereignisse am Straßenrand und warnen den Fahrzeugführenden, währenddessen statische Anlagen direkt Geschwindigkeitsüberschreitungen von Fahrzeugen ermitteln und darauf basierend eine Wildunfallwarnung abgeben. Stati¬sche Anlagen sind somit von Wildtierereignissen gänzlich entkoppelt.
Aktuell befinden sich insgesamt neun fest installierte Anlagen im Bundesgebiet. Dieses Projekt untersuchte die Wirksamkeit und ihre Eignung im Straßenbetrieb von insgesamt sechs Wildwarnanlagen, hinsichtlich (1). der ökologischen Effizienz, (2.) der Funktion, (3.) der Auswirkung auf das menschliche Verhalten. Die Kosten (4.) wurden aufgeschlüsselt, jedoch nicht bewertet. Mit der Untersuchung wurde eine wissenschaftlich fundierte Wissens-und Erfahrungsgrundlage bereitgestellt, die sowohl das Potenzial und die Grenzen für zukünftige Anwendungen als auch die Optimierungsmöglichkeiten für die bestehenden Wildwarnanlagen aufzeigt.
Die wildunfallrelevanten Tierarten Dachs, Damhirsch, Fuchs, Reh, Rothirsch und Wildschwein kamen in unterschiedlichen Häufigkeiten in den sechs untersuchten Anlagen vor. Ungefähr 50 % der Arten querten tatsächlich die Straße, die Querungsbereiche wurden aber auch vermehrt als Ort zur Nahrungsaufnahme aufgesucht, was wiederholtes Auslösen der Wildwarnanlagen verursacht. Ein hohes Maß an falsch-positiven Auslösungen (78-90 %) der Anlagen wurde ohne nachweisbaren Wildtiereinfluss festgestellt. Die Detektionsrate der Anlage von erscheinenden Tieren hingegen war hoch. In allen Anlagen wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei ausgelöster Anlage im Mittel überschritten. Eine Geschwindigkeitsreduktion durch eine ausgelöste Anlage wurde in nur drei von den sechs untersuchten Anlagen erzielt. Die Installationskosten der Anlagen variierten stark, abhängig von Wildwarnanlagentyp, den verbauten technischen Komponenten sowie durch Errichtung von Wildschutzzäunen. Der Unterhaltungsaufwand und die Unterhaltungskos¬ten unterschieden sich je nach Anlagentyp erheblich.
Fazit ist, dass sich derzeit keine der untersuchten Anlagen in einem günstigen, funktionalen Zustand befindet. Für jede im Rahmen dieses Projektes untersuchte Wildwarnanlage bestehen Möglichkeiten der Verbesserung: (a) Durchsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei ausgelöster Anlage, (b) Reduktion von Fehlauslösungen durch Vegetation, (c) Reduktion der langen Verweilzeiten von Wildtie¬ren im Sensorbereich durch z. B. wildunattraktive Vegetation, (d) Reduktion von Störungen durch menschliche Präsenz, (e) Reduktion anlagenbedingter Fehlauslösungen.
Es wird empfohlen, durch weitere Untersuchungen und technische Erprobungen bestehende Wissenslücken im Abgleich mit internationalen Erfahrungen zu schließen und einen Leitfaden zur Anlage von Wildwarnanlagen zu erarbeiten.