Are we Rome? Or more like Sparta? Derartige Introspektionen häufen sich in der US-amerikanischen Publizistik seit den frühen 2000er Jahren auffallend oft und sie illustrieren die überraschende Renaissance der Classical Tradition nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Die Fundamente, Mechanismen, Traditionen sowie die Evolution dieses repetitiven Musters nordamerikanischer Krisenbewältigung und Selbstvergewisserung zeichnet die Monographie von Benjamin S. Kolb anhand eines diachronen Schnitts von den ersten Ausprägungen in der Kolonialzeit bis in die Zeitgeschichte hinein systematisch nach. Eine tragfähige Operationalisierung dieser ganz bewusst gewählten Longue Durée gelingt ihm durch die gezielte Untersuchung von auffälligen Transformationen genuin antiker Erinnerungsorte im Rahmen des intra-amerikanischen Dialogs in Kriegszeiten. Um insgesamt aber über bloße Dekonstruktionen oder rein deskriptive Situationsbeschreibungen hinauszukommen, werden die analysierten Transformationen auch bezüglich der jeweiligen Diskursrelevanz und spezifischen Rückbindung an die zeitgenössischen Ontologien hinterfragt. Immerhin können auf dieser Grundlage dann im Rahmen eines abschließenden Vergleichs ganze rezeptionsgeschichtliche Sinnabschnitte identifiziert werden, die neben der Beantwortung der skizzierten Fundamentalfragen sogar eine ideengeschichtliche Chronologie der gesamten U.S. Geschichte eo ipso des zentralen Untersuchungsgegenstandes erlauben.