Wie sieht eine Architektur aus, die nicht ausschließt, sondern einlädt?
Architektur endet nicht bei Gebäudefertigstellung, sondern beginnt erst mit der Aufnahme der Nutzung.
In Offene Architektur analysiert Esra Akcan die Stadterneuerung Kreuzbergs im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) 1984/87 – nicht nur als Stadtentwicklungsprojekt, sondern als gesellschaftliches Labor. Dabei entwickelt sie eine Theorie der „offenen Architektur“: einer Ethik des Willkommenheißens, die migrantische Perspektiven ernst nimmt und städtebauliche sowie architektonische Entwürfe mit den Lebensgeschichten der Bewohner:innen verknüpft.
Nicht nur aus exzellent vorgenommener stadtentwicklungsgeschichtlicher und -philosophischer Analyse der Praxis der IBA, sondern auch anhand der intensiven Gespräche mit den Akteuren der IBA, v. a. aber mit Kreuzberger Mieterinnen entsteht ein neuer Blick auf Architektur als soziale Praxis, als Aneignungspraxis der gebauten Umwelt. Zugleich zeigt Akcan die Grenzen einer beteiligungsorientierten Stadtplanung, die migrantische Stimmen oft überging.
Mit intellektueller Schärfe und Empathie verbindet dieses Buch Architekturgeschichte mit Migrationsforschung und Menschenrechtsdiskurs – und lädt dazu ein, Architektur als offenen Aushandlungsprozess zu verstehen.
Ein Buch, aktueller denn je.