In der vorliegenden Arbeit werden grenzüberschreitende Niederlassungsvorgänge, insbesondere in Form einer isolierten Sitzverlegung, untersucht. Im Zentrum der Untersuchung steht die Auslegung der Niederlassungsfreiheit durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH), konkret die uneinheitliche Rechtsprechung des EuGH und dessen Auslegungsmethodik zur isolierten Sitzverlegung. Diese wird mit Blick auf ihre Auswirkungen auf das Binnenmarktkonzept im Rahmen der durch die Unionsverträge gesetzten Ziele kritisch geprüft.
Ausgangspunkt der Untersuchung ist das Urteil Polbud. Auf Grundlage dieser Entscheidung geht diese Arbeit zwei Hauptfragen nach: die erste Frage prüft, ob der EuGH mit aktueller Anwendung und Auslegung von Art. 49 und 54 AEUV die mit dem Unionsrecht ganz grundlegend verfolgten Ziele der Niederlassungsfreiheit überzeugend interpretiert. Zweitens wird geprüft, ob der EuGH mit der Gleichstellung von Unternehmen, die in dem Aufnahmemitgliedsstaat einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen möchten, mit solchen, die den Sitz nur „pro forma“ zur Erlangung günstigerer Rechtsvorschriften verlegen, eine unzulässige Ungleichbehandlung unternimmt und somit gegen das unionsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, welches in Art. 20 EU-Grundrechtecharta verankert ist, verstößt.