Jährlich klagen in Deutschland tausende Menschen auf Sozialleistungen – das Klagen vor dem Sozialgericht ist ein fester Bestandteil des deutschen Sozialstaates. In der Forschung zur Geschichte der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland wurden Gerichte bislang jedoch kaum beachtet. Helge Jonas Pösche geht erstmals der Geschichte der Gerichtsverfahren um Sozialleistungen nach und untersucht Klagen auf Leistungen von Sozialhilfe und Arbeitslosenversicherung vor Sozial- bzw. Verwaltungsgerichten seit den 1920er-Jahren, über drei politische Systeme hinweg – Weimarer Republik, NS-Staat und Bundesrepublik. Die Studie zeigt den prägenden Einfluss der Klägerinnen und Kläger sowie der Gerichtsentscheidungen auf die Entwicklung des deutschen Wohlfahrtstaates im 20. Jahrhundert. Die Verfahrensakten erlauben zudem einen einmaligen Einblick in die unterschiedlichen moralischen Argumente, mit denen Bürgerinnen und Bürger im Zeitverlauf ihren Anspruch auf Sozialleistungen begründeten.